Ausrottung von Pflanzen und die Qual des Froschs zur eigenen Erleuchtung

Eines vorneweg: 

Ich war vor 35 Jahren eine der ersten die einen traditionellen Schamanen aus dem Amazonas nach Europa eingeladen hat. Im Handgepäck war Ayahuasca. Ich bin mit der Thematik zutiefst vertraut. Naiv und jung konnte ich absolut nicht einschätzen was für eine Bewegung daraus entstehen könnte - ich habe nicht einmal darüber nachgedacht.

 

Doch sehr schnell erkannte ich die Dynamik, den missbräuchlichen Umgang und zog mich aus dieser Form der Arbeit zurück. Und heute wage ich es meine Stimme zu erheben, immer und immer wieder - um aufmerksam zu machen, zu wecken und die spirituelle Gier nach diesen Zeremonien - die unweigerlich verbunden sind mit Ausbeutung - zu zähmen. 

 

Auch wenn jeder meint es betrifft immer nur die anderen und nicht sich selbst. Denn das Ego trickst und trickst. Aber lest selbst ...

 

Das Business und der Markt mit schamanischen Zeremonien in denen Meisterpflanzen mit psychoaktiven Komponenten angeboten werden wächst unaufhörlich.

 

Auch wenn immer mehr Stimmen laut werden – da diese Rituale völlig aus dem Kontext genommen sind. 

 

Es fehlen die dementsprechenden wochenlangen Vorbereitungen sowie dem ausreichendem Setting. Degradiert zu einem fastfoodservice für die schamanischen Gemeinschaften. 

Aber dienlich dem persönlichen und spirituellen Ego. Heilung und Erleuchtung auf schnellstem Wege versprechen sich so viele. Preisen dieses an. Wähnen sich sogar als besonders und erwählt.

 

Massivste Probleme bringt dies mit sich – dennoch wächst die Fangemeinde solcher Angebote. 

 

Vor allem mit den Werbemöglichkeiten in den social medias scheint es nach wie vor eine äusserst lukrative Einnahmequelle zu sein – die vor allem auch schamanischen Einsteigern eine gute Kundenaquise versprechend.

 

Nun denn – über den Missbrauch der Meisterpflanzen habe ich schon einen Artikel geschrieben.

Diesmal möchte ich Euch auf die Ausrottung und Ausbeutung von drei im Moment sehr aktuellen Bewegungen schreiben:

 

Ayahuasca ist ein Getränk welches aus der Liane Banisteriopsis caapi und den Blättern Chacruna besteht.

Die Liane wächst im Dschungel und braucht mehrere Jahre bis sie geerntet werden kann. 20 Jahre sollte man sie wachsen lassen. Ab 5 Jahre kann man sie ernten. Die indigenen Schamanen waren immer darauf bedacht der Pflanze möglichst viel Zeit zu schenken.

 

Was kein Problem war bis vor ca. 15 Jahren das Geschäft mit dem Ayahuasca zu explodieren begann. Am Beispiel Iquitos und Umgebung, wo sich derzeit die meisten Zentren befinden war es so, dass 2005 5 – 6 Zentren existierten. Heute sind es über 2000 die eine Kapazität von 20 – 70 Personen haben. Auch in Pucallpa und Umgebung schiessen die Retreat Zentren die jedes Jahr neu eröffnet werden wie Pilze aus dem Boden.

Schon jetzt findet man in der Umgebung von Iquitos keine Pflanzen mehr – da diese bis auf die letzte Liane ausgerottet wurden. Teilweise jahrzehntealte Pflanzen – die auch je älter, umso teurer für gutes Geld verkauft werden.

 

Fast jeder dritte Tourist möchte Ayahuasca mit nach Hause nehmen – und noch einfacher ist es diese über das Internet zu bestellen. So hat sich hier in den letzten Jahren ein weltweiter Markt erschlossen.

 

Von den Schamanen aus Peru die auf Einladung in die Welt reisen um Zeremonien anzubieten ist eine jährliche Steigerungsrate von 100%.

Bereits in einigen Teilen des Amazonasgebietes welches sich über mehrere südamerikanische Länder erstreckt ist die Pflanze nicht mehr zu finden. Auch wenn Zentren und Initiativen begonnen haben die Liane anzubauen – so werden sie der Nachfrage nicht gerecht.

 

Es gibt indigene Stimmen die sich sorgen – wie lange sie bei dieser Entwicklung noch Zugang zu ihrer wertvollsten Medizinpflanze haben. Und es stellt sich allgemein die Frage wie lange sie in ihrer Kultur und Kontext überhaupt noch ihre Zeremonien abhalten können. Ayahuasca wird bei vielen indigenen Völkern nicht nur als Medizin gesehen – sondern als ein Teil ihrer Identität.

 

Ethnobotaniker sprechen davon dass ab sofort jeder Mensch für 10 Jahre verzichten sollte den Tee einzunehmen – damit sich der Bestand der Pflanze erholen kann.

 

Peyote – wächst in den Wüsten von Texas bis Mittelmexico. 

Hier kennt man das Problem schon länger. Bereits vor 20 Jahren gab es da Kriseninterventionen. 

Ein Kaktus braucht 20 Jahre bis er reif ist und für eine Zeremonie verwendet werden kann. Die Dosis ist pro Person 1 – 3 Kakteen. 

Vor ca. 150 Jahren haben die Huichols den nordamerikanischen Indianern die Pflanze geschenkt – damit das Volk wieder in ihre Würde und Stärke zurückwachsen kann. Es entwickelte sich die Native American Church – von New Mexiko – bis nach Kanada. Inzwischen sind es Millionen von Mitgliedern die regelmäßig ihre Zeremonien abhalten. Und die Bewegung expandierte weltweit. In der USA ist der Kaktus bereits artengeschützt – da es ganze Gegenden gibt, wo er bereits ausgerottet wurde.

 

Derzeit konzentriert sich das Geschehen nach Mexiko. Auch die Huichols sind in der Möglichkeit des Business mit der Medizin angelangt. Weltweit folgen sie Einladungen – in der entsprochenen Erwartung Geld zu verdienen. Auch hier ist dasselbe Dilemma wie im Amazonas.

Zusätzlich versuchen noch staatliche korrupte Behörden das heilige Land indem der Peyote wächst zu beschlagnahmen da ein großes Silbervorkommen vermutet wird.

Die Huichols versuchen mit ihren Medizinzeremonien Menschen für dieses Thema zu sensibiliseren – und rotten gleichzeitig auch ihre restlichen Bestände mit aus.

 

Hier sprechen Ethnobotaniker davon dass es absolut notwendig wäre, dass von nun an 20 Jahre lang die Menschen verzichten Peyote einzunehmen, damit sich der Bestand erholen kann.

 

Kambo – Froschgift

Der neueste Trend für Reinigung und Erwachen des spirituellen Bewusst-Seins.

Die Haut des Frosches wird „gemolken“. Für das Tier ist diese Prozedur äusserst schmerzhaft. Oft wird er dabei auch getötet. Diese Tatsache wird energisch bestritten. 

Schon als Kind hatte mir meine Tante, unter deren Baum Kröten und Frösche wohnten mir von der Empfindlichkeit der Frosch und Krötenhaut erzählt.

Siehe auch:

https://www.welt.de/gesundheit/article158944039/Kambo-das-Wundermittel-aus-dem-Giftfrosch.html

 

Und all dies im Namen der schamanischen Bewusstseinsentwicklung.

Und der Heilung.

 

Darüber sollte jeder der diese Zeremonien durchführt, anbietet oder auch an Ihnen auch teilnimmt auch gut und intensiv nachdenken.

 

Weitere Pflanzen und Tiere sind davon betroffen. Argumentationen wie – Pflanzen und Tiere opfern sich für die Erleuchtung und das Wachstum des menschlichen Bewusst Seins sind arrogant und ignorant.

Schon seit Tausenden von Jahren beuten wir Erde und ihre Lebewesen aus. 

 

In dieser Zeit nun erkennen wir uns als Hüterinnen und Hüter der Erde.

Eine Zeit inder wir uns mehr um das Wohl der Pflanzen und Tiere kümmern sollten als wie die Verwendung und Nutzung derer zu unserem eigenen Wohlbefinden und Nutzen – ohne Rücksicht auf Verluste.

 

Und keine Sorge – meist gewinnt das spirituelle Ego und somit bringt dieser Artikel für die Betreffenden auch keinen Schaden mit sich ;-)

 

Eure unbequeme 

©Sonia Emilia Rainbow

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Uwe Lauster (Donnerstag, 13 September 2018 21:10)

    Leider muss ich dir zustimmen ich arbeite selbst mit Kambo und achte zwar darauf wo und von wem ich meine Sticks beziehe allerdings ist mit klar das ich selbst oder gerade durch ein gutes Beispiel den negativen Implikationen endlich betrachtet Vorschub leiste :( . Der Trend und die Tendenz ohne not diese Dinge zu nutzen aus Neugier und mann muss es so sagen Faulheit und Konsumreflex ist "why we cant have nice things ". Einen Ausweg ohne zu Verboten zu greifen ( Exportverbot aus Peru würde diese Dinge regeln) sehe ich leider nicht. Natürlich ist hier jetzt kein Aktionismus gefordert sondern eine Allseitige Lösung eine Allianz das zumindest die Leute die davon monetär profitieren und die Lieferanten sich auf die Nachhaltige Bewirtschaftung und Kontrolle einigen. Ein frommer Wunsch ich weiß :( . Nachdenklich Uwe Lauster

  • #2

    tanja (Sonntag, 17 November 2019 19:42)

    In der aktuellen Wochenendausgabe der SZ, 16./17.11.2019, wird über die Verwendung von Kambo berichtet "..neuer Lieblingstrend gestresster Großstädter", incl. Photo eines gefesselten Froschs. Daraufhin hab ich erstmal bisschen recherchiert ( immer noch im anti-tierversuch-demo-modus von gestern in Hamburg) und bin auf deine Seite gestoßen.. Es geht, wie du es schon beschrieben hast, um einen Lifestyle, der so anthropozentrisch ist, dass alles ausgebeutet und ausgeplündert wird, was man in die Finger bekommen kann. Schockierend ist, Heilpraktiker, denen vermeintlich ein alternatives, "besseres", sanfteres Weltbild zugeschrieben wird, gut an dieser Behandlung zu verdienen scheinen, die auch, wie sollte es anders sein, auf Instagram ein großes Echo hat. Und das zu Lasten eines Geschöpfes, das dafür qualvoll bezahlen muss, wenn moderne Menschen ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen. DAS ist, in Anlehnung an die Überschrift des Textes von Christina Berndt, "zum Kotzen"..
    Beste Grüße
    Tanja